Über das neuerliche Warten auf Informationen und die Hoffnung, dass die Lockdown-Entscheidungen der Regierung diesmal einer gewissen, nachvollziehbaren Logik folgen. Ein Kommentar.
Jetzt ist es also wieder so weit. Das gefühlt hundertste Mal sitzt man wie das Kaninchen vor der Schlange am Computer und starrt auf die aktuellen Meldungen. FOMO, die „Fear of missing out“ in gelebter Reinkultur. Nur nichts verpassen, Strömungen in der Gesellschaft frühzeitig aufnehmen, geplante Lockdown-Verschärfungen frühzeitig eruieren, um bereit zu sein. Bereit für? Diese Frage stellt sich immer mehr. Denn angesichts der nunmehr zehn Monate anhaltenden Dauersituation, mit einem lediglich kurzen Aufatmen im Sommer und Frühherbst, scheint sich aus unternehmerischer Sicht ohnehin nichts zu ändern.
Die österreichische Bundesregierung verfolgt konsequent ihre „Salamitaktik“ der Information. Man wird vertröstet. Erfährt nie den eigentlichen Plan oder konkrete Rahmenbedingungen, wann denn nun was, unter welchen Umständen, möglich sein wird. Gipfelnd in einer Aussage des österreichischen Gesundheitsministers, dass er Pläne in der Schublade habe, die er aber nicht erläutern würde. Hallo? Wir haben nicht nur ein Recht darauf, diese Pläne zu kennen, sondern sind auch durchaus in der Lage, mit klaren Rahmenbedingungen umzugehen. Stattdessen wird immer die gleiche Taktik verfolgt.
Salamitaktik als Kommunikationsstrategie
„Unangenehme“ Maßnahmen werden „scheibchenweise“ präsentiert. Es heißt etwa nie, die Öffnung der Gastronomie ist frühestens dann und dann geplant. Vielmehr werden Österreichs Unternehmer subtil „an der Stange“ gehalten. Von einem vermeintlichen Öffnungstermin zum nächsten vertröstet.
Sind verschärfende Regelungen nötig, immer das gleiche Spiel. Ominösen Andeutungen der Regierung folgen vermehrt öffentliche Auftritte verschiedener Experten. Die Bevölkerung wird sensibilisiert und beginnt in den sozialen Medien zu diskutieren. Kaum ebbt die Empörung ein wenig ab, werden zur jeweiligen, beziehungsweise der meist Lockdown-betreffende Maßnahmen-Thematik, Pressekonferenzen angekündigt.
Ein, zwei Tage davor kommt es zum „Leak“. Diverse Medien verkünden die „noch streng geheimen, geplanten Maßnahmen“ der Bundesregierung. Wenn diese dann letztendlich in einer der mehr als zahlreichen Pressekonferenzen an die Öffentlichkeit tritt, ist die erste Welle der Empörung meist verhallt. Der Boden für unangenehme Nachrichten geebnet.
Dass sich die Infektionslage im Rahmen der Pandemie permanent ändert ist klar. Davon soll nicht die Rede sein. Um es deutlich zu sagen: Ich verstehe, dass Maßnahmen zum Eindämmen unbedingt nötig sind. Leugne selbstredend nicht, dass CCOVID-19 eine mehr als akute Gefahr darstellt. Was ich nicht verstehe, ist, dass man nicht einfach sagen kann, was Sache ist. Als mündiger Mensch kann ich mich schwierigen Situationen stellen. Als Unternehmer kann ich mir dann Plan A und B zurechtlegen und muss nicht hunderte Eventualitäten durchspielen, von deren letztendlich wieder keine zutrifft.
Blick auf Tendenz in Leitmedien und Social Media
Freilich, man entwickelt ein Gefühl für die bevorstehenden Maßnahmen. Verfolgt man die Strömungen in den sozialen Medien und die Richtung gewisser Leitmedien, kann man meist gut einschätzen, welche verschärften Regelungen kommen und wie es weitergehen kann.
Meist. Denn bei gewissen Maßnahmen, wie etwa der Öffnung der Seilbahnen, lagen wohl ziemlich alle in ihrer Einschätzung falsch. Keiner konnte sich wirklich vorstellen, dass, zwei Tage vor einem verschärften Lockdown in Österreich, die Seilbahnen zum Skivergnügen laden dürften.
Maßnahmen entgegen dem epidemiologischen Hausverstand
Epidemiologisch gesehen wahrscheinlich unbedenklich, sendete die Regierung mit der Zustimmung zur Öffnung ein völlig falsches Signal an die Bevölkerung, die in Folge zunehmend weniger bereit war, Maßnahmen zu befolgen.
Epidemiologe Gerald Gartlehner brachte dies zuletzt in der ZIB2 vom 15. Januar 2021 Uhr gut auf den Punkt. Angesprochen darauf, warum die österreichische Bevölkerung seiner Meinung nach immer weniger Bereitschaft zeige, die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus mitzutragen, verwies er auf Maßnahmen entgegen des epidemiologischen Hausverstands.
So würden viele Menschen die Maßnahmen nicht mehr mittragen, weil sie nicht verstünden, warum sie mit einer FFP2-Maske etwa sehr wohl in eine kleine Gondel, aber nicht ins Museum dürften. Oder sie zwar keine Freunde treffen, aber gemeinsam mit ihnen zum Skifahren könnten.
Skigebiete zu Unrecht zum Buhmann gemacht
Einen guten Dienst hat die österreichische Bundesregierung mit der Erlaubnis der Öffnung den Skigebieten und dem Skisport per se nicht wirklich erwiesen. Ein Skifahrer-Bashing war die Folge. Die Nation war nicht nur in Corona-Maßnahmen-Befürworter und Coronaleugner sondern auch in Ost und West gespalten. Seilbahnen und Skigebiete wurden von vielen – stellvertretend für die Regierung – zum Buhman der Nation gemacht.
Eine Rolle, die Österreichs Liftbetreiber nicht verdient haben. Bis auf dass sie – wie jede Branche – ein paar schwarze Schafe unter sich hat und durch einen im Thema Öffentlichkeitsarbeit mehr als schlecht beratenen Seilbahnsprecher vertreten werden, kann man ihnen nichts nachsagen.
Im Gegenteil: Sie haben ein mehr als großes Herz gezeigt, indem sie unter diesen Bedingungen (keine Urlauber, lediglich Tagesgäste und davon hauptsächlich Einheimische) überhaupt ihren Betrieb aufnahmen. Denn Gewinn lässt sich damit keiner erwirtschaften. Es ist nicht einmal ein „Nullsummenspiel“ – unter diesen Bedingungen lässt sich – bis auf bei wenige Ausnahmen – kein verlustfreier Betrieb bewerkstelligen.
Verunsicherung bleibt – Unmut wächst
Was bleibt, ist das erneute Warten auf die neuen Regelungen einer mittlerweile recht unberechenbar gewordenen Regierung. Während Angst und Unmut in der Bevölkerung wachsen, Unternehmer bereits von einer „Wirtschafts-Triage“ sprechen und die Virus-Mutationen unbeirrbar am Vormarsch scheinen, bleibt weiterhin nur das bange Starren auf diverse Medienmeldungen. Die Hoffnung, dass die Entscheidungen der Regierung diesmal einer gewissen, nachvollziehbaren Logik folgen. Einer Logik, die dem epidemiologischen Hausverstand nicht widersprechen.
Dass Maßnahmen in Folge von einem großen Teil der der Bevölkerung wieder mitgetragen werden und ein neuerlicher Lockdown nach dem Lockdown verhindert werden kann.